Mit der Ente durch Afrika 1998-2000

Bilder einer langen Reise quer durch den Schwarzen Kontinent

Erstveröffentlichung bei www.citroenchen.de 5/2002 bis 3/2003

2.Teil: Von Ägypten durch den Sudan und Äthiopien nach Kenia

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Afrika 1998-2000

Nach drei Wochen des Wartens und Organisierens in Assuan, der südlichsten Stadt Ägyptens, sind wir nun endlich auf dem Ponton, dass uns über den Nassersee in den Sudan bringen soll. Noch liegen wir im Highdam Harbour, darauf wartend, dass es losgeht. Nur die Fahrer der Fahrzeuge dürfen auf dem Ponton mitfahren. Alle anderen müssen auf das Passagierschiff, das bald ablegen wird. In 24 Stunden werden sie Wadi Halfa erreichen und dort auf uns warten müssen, denn wir werden fast einen ganzen Tag länger auf dem See unterwegs sein und die beschauliche Fahrt genießen.

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In Wadi Halfa angekommen wollen die meisten Reisenden schnell weiter, sie fahren entlang einer Bahntrasse quer durch die Wüste zur sudanesischen Hauptstadt Khartoum. Nur Siggi, Wolfgang und Martina mit ihrem Mercedes G haben ähnlich viel Zeit wie wir, so fahren wir zusammen erst eine ganze Zeit durch die Bergwelt östlich des Nils, folgen kleinen, unberührten Tälern und erleben Landschaften, die bisher wohl selten von Touristen bereist worden sind.

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Wir kommen wieder an den Nil, der sich tief in die flache Landschaft eingegraben hat. Anders als in Ägypten sind seine Ufer hier kaum bewachsen, und es leben nur sehr wenige Menschen im Niltal. Außerhalb der Dörfer sehen wir nur selten jemanden wie dort unten am Wasser einen Schafhirten mit seiner Herde. Der Nordsudan - ein wunderschönes, weites und sehr einsames Land...

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In Dongola kreuzen wir den Nil auf sein Westufer und fahren kurz danach wieder alleine weiter. Wir fahren etwa 20 Kilometer vom Nil weg, und erst, als wir auf die Darb el Arbain treffen, schwenken wir nach Süden ab. Die Darb el Arbain, die "Strasse der 40 Tage", ist die östlichste aller Transsahara-Karawanenrouten. Früher wurden auf ihr Sklaven aus Schwarzafrika nach Arabien getrieben, aber auch heute wird sie noch benutzt, um Kamele nach Ägypten zu treiben, wo sie verkauft und geschlachtet werden. Viele Tiere schaffen den langen und anstrengenden Weg nicht und verenden in der Wüste. Von der Sonne ausgebleichte Kamelgerippe säumen diese uralte Trasse.

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Die letzten 400 Kilometer bis Khartoum führen uns durch die Bayudawüste.
Kein Problem, denn laut der Aussage von Einheimischen soll dort eine neue Asphaltstraße gebaut worden sein. Doch für mich wird diese Strecke zur Nervenprobe. Ich kann diese Asphaltstraße trotz allen Suchens nicht finden, und auch die anfänglich noch gute Piste verläuft sich in immer kleiner werdende Spurenbündel, bis ich nur noch einer einzelnen Lkw-Spur folge. Zu dieser Unsicherheit gesellen sich dann in der Hitze des Mittags nacheinander 4 Reifenpannen. Da muss ich die Schläuche gleich vor Ort flicken, das hält auf, und ich weiß noch nicht einmal, warum immer wieder der gleiche Reifen platt wird. Doch zum Glück hält der Reifen endlich seine Luft, und am Ende des zweiten Tages stoßen wir - welch ein Zufall - auf den Anfang der Asphaltstraße, mitten in der Wüste, und die letzten 200 Kilometer sind schnell hinter uns gebracht. Das hätte schlimm enden können, wenn durch die Sucherei und das Geländefahren der Sprit ausgegangen oder durch noch mehr unfreiwillige Pausen das Wasser knapp geworden wäre!
Die Wüste - ein faszinierendes, aber manchmal lebensgefährliches Land...

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In Khartoum campieren wir beim Deutsch- Sudanesischen Club. Dort werden wir aufgefordert und eingeladen, eine zerstörte pharmazeutische Fabrik zu besichtigen. Die Amerikaner hatten diese mutmaßliche Giftgasfabrik ein halbes Jahr vorher (Sommer 1998) zerbombt als Vergeltung für die Terroranschläge auf ihre Botschaften in Kenia und Tansania, bei denen sie sudanesische Unterstützung vermuteten. Es herrscht schon eine ziemlich schweigsame Stimmung, als wir an diesem militärisch so brisanten Ort stehen.

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Zwei Tagesreisen von Khartoum nach Südosten stehen wir an der Grenze nach Äthiopien, dem engsten Nadelöhr unserer gesamten Reise. Vor der Reise war es für mich nicht in Erfahrung zu bringen, ob wir da durch kämen. Doch vor Ort ist dann alles ganz einfach: Nachdem der sudanesische Zöllner die Gültigkeit des äthiopischen Visums kontrolliert hat, stempelt er das sudanesische Visum und das Carnet de Passage aus und geht mit unseren restlichen Sudan-Dinaren zum Kollegen auf der anderen Seite der Grenze und wechselt es in äthiopische Birr. Der wiederum wirft nur einen kurzen Blick in die Papiere und lässt uns ziehen. Jetzt steigt die Piste aus grobem Schotter steil an, bis wir im Hochland die 3000 Meter fast erreichen; ein Grund, eine Pause zu machen, den heißen Motor abkühlen zu lassen und die Aussicht zu genießen.

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Die Tis-Issat-Fälle des Blauen Nil
bei Bahir Dar (Äthiopien)
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Wohl bei der ASU durchgefallen !

Manchen sich vorwärtskämpfenden Lastwagen oder Bus zu überholen kann fast wie Russisches Roulette sein. Es gibt zwar nur wenig Verkehr, dennoch kann jederzeit irgendetwas hinter den schwarzen Wolken, die zu durchqueren sind, auftauchen: Außer Gegenverkehr auch Fußgänger, ein riesiges Schlagloch oder ein störrischer Esel an der Asphaltkante...
Doch hinterherzufahren kann auch unerträglich werden, es kommt letztlich immer die Frage: Was tun?

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Im Süden Äthiopiens ereilt mich die größte Panne der gesamten Reise. Auf der Umfahrungspiste bei einer Brückenbaustelle übersehe ich, weil mir der feine Staub bis auf die Windschutzscheibe spritzt, einen großen kantigen Stein vor dem Auto und rumpele darüber hinweg. Die Schläge davon halten zwar erst der Motorschutz und danach der Rahmenboden aus, doch die hintere linke Federstrebe wird von diesem Stein direkt am Ende des Federtopfes durchgeschlagen. Der Rahmen liegt am Boden, selbst Schieben oder Schleppen geht so nicht mehr. Doch ein vorbeikommender Lkw-Fahrer sieht das Geschäft des Jahres und ist meine Rettung: Für 100 US-Dollar nimmt er mich mit meiner Ente in die 60 Kilometer entfernte nächste Stadt und setzt mich dort sogar an einer guten Werkstatt ab. Hier wird am nächsten Morgen der Federtopf aufgesägt, die Federstrebe geschweißt und geschient und alles wieder zusammengesetzt.
Juchhu, die Reise kann weitergehen !

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Einige Tage später erlebe ich eines der größten Highlights der Reise: Der Besuch eines Wochenmarktes beim Volksstamm der Hamer. Diese Menschen leben ganz traditionell und naturverbunden, sie benutzen noch kaum die sogenannten "Errungenschaften der Zivilisation" wie z.B. Kleidung aus Stoff, Plastikschüsseln oder -tüten, Tische und Stühle usw. Sie leben nur von ihren Rinderherden und von dem, was sie im Busch erjagen oder sammeln. Doch auch auf diesem Markt wird nicht mehr nur getauscht, sondern auch schon mit Geld gezahlt.

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Der einzige offene Grenzübergang von Äthiopien nach Süden liegt bei Moyale. Dort darf wegen der Gefahr von Überfällen durch somalische Banditen nur im Konvoi gefahren werden. Ich habe jedoch keine Lust, einem mit etwa 100 km/h dahinjagenden Militärkonvoi schutzlos hinterherzuhetzen. Mit Wolfgang und Angelika aus Berlin und drei weiteren Motorradfahrern versuche ich einen anderen Weg weiter westlich zu finden. Auf kleinsten Pisten und stellenweise durch den Busch geht′s zur Grenze, ein etwa 10-jähriger Junge führt uns durch diese kritischen Passage. Hier machen wir gerade einen schnellen Fotostopp am äthiopisch-kenianischen Grenzstein, dann geht es weiter entlang des Turkanasees. Jetzt liegen immer noch 650 Kilometer bis Maralal, der ersten größeren Stadt mit Campingplatz und Tankstelle, vor uns.

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Möglichst bald ganz schnell nur weiter! Wenn das nicht nur ein frühes Gewitter, sondern der Anfang der Regenzeit ist, dann stehen unsere Chancen durchzukommen ganz schlecht!

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Schon die dritte Reifenpanne heute! Nicht nur die vielen Akaziendornen sind daran schuld. Ich lerne hier, dass - genauso wie in der Bayudawüste im Sudan - der Flickenkleber bei der Hitze zu schnell abtrocknet, so dass das Gummi des Schlauchs nicht genügend angelöst wird und deswegen der Flicken nicht festhält. Doch es gibt noch mehr Probleme: Wir müssen morgens schon vor Sonnenaufgang starten, um die kühleren Stunden zum fahren zu nutzen, mittags steigt das Thermometer bis auf 46 Grad, darunter leiden besonders die Motorradfahrer, da muss dann lange Pause gemacht werden. So kommen wir allerdings - auch wegen der schwierigen Piste - nur auf Tagesetappen von 80-100 Kilometern. Das macht uns wiederum Sorgen, wie lange unser Trinkwasser und Lebensmittel da noch reichen werden. Dieses Abenteuer zerrt ganz schön an unseren Nerven...

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Ab Maralal ist endlich wieder feste Straße unter den Gummis, doch Vorsicht: Ab sofort herrscht Linksverkehr, da muss ich mich erst dran gewöhnen. Einige Tage später überquere ich an dieser Stelle den Äquator, ab jetzt fahre ich auf der Südhalbkugel weiter.

Afrika 1998-2000
Camping unter Palmen am
traumhaften Strand von Tiwi Beach/Kenia.
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Glück im Unglück: Die geschweißte Federstrebe reißt wieder ab; doch da das Unglück auf dem Weg zum Campingplatz passiert, kann ich die Ente leicht wieder hierhin zurückschaffen und die Federung ausbauen. Der Zufall will, dass ich zwei Kölner, Heino und Stefan, kennen lerne, die in Kenia leben, eine Werkstatt betreiben und selbst leidenschaftliche Entenfahrer sind. Hab′ ich ein Riesenglück, ich bekomme von ihnen einen Federtopf !
Nun steht der weiteren Reise nichts mehr im Wege.

Hier gehts weiter mit Teil 3:  Die große Runde durch das südliche Afrika